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Neuauflage von
Stelzhamer-Erstdrucken



von Haymo Liebisch

"Stelzhamers erster Verleger"

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Der Linzer Haymo Liebisch ist Buchhändler und Antiquar in Ruhe und hat unter anderem ein Buch über Anton Bruckner herausgegeben.


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Stelzhamer
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Erschienen im "Neuen Volksblatt" am 23. November 2002.

A lustigö Eicht
Zu Papier hat er zahlreiche seiner Dichtungen schon längst gebracht, als Franz Stelzhamer auf den Wiener Verleger Peter Rohrmann trifft. Dieser bringt das erste "literarische Kind" des Dichters auf den Markt. An seinem 200. Geburtstag (29. November) sind Stelzhamers Werke unvergessen.

Wieder einmal mit einem Postwagen, Botendienstgefährt oder einem Donauschiff unterwegs und in Wien eingelangt, zählt Franz Stelzhamer – wie so oft seine letzten Kreuzer zusammen. Von Gulden kann seit dem Postwagentarif keine Rede mehr sein. "Es muaß g'schehn, das i wieda zu an Geld kumm", ist seine ständige Devise.
Im Gasthof "Römischer Kaiser" ist er nicht unbekannt. Hier trifft er Landsleute, die seine Sprache verstehen und sicher wieder für ein paar Rezitationen seiner neuesten Gedichte freihalten. Hier kann er auch auf ein Quartier hoffen, mit einem Freund mitgehen. Ist der langmähnige Franz von Piesenham da, dann geht es fidel zu. Immer wieder verlangt man Zugaben seiner vom Herzen kommenden Verse und spürt, dass es sich bei ihm um einen wirklichen Dichter handelt. Unter den Gästen befindet sich der Wiener Hofbuchhändler Peter Rohrmann. Er hat mit einem Kompagnon namens Schweigerd auch einen Verlag.
Der gewiegte Fachmann spürt sofort die außerordentliche Begabung des Vortragenden. Die Wortmelodie, die köstlichen Formulierungen, die Versmaße und der aus dem realen Leben so großartig in mundartliche Sprache übersetzte Sinn begeistern ihn so, dass er Stelzhamer sogleich anbietet, seine Innviertler Mundartgedichte herauszubringen. Und das sogar in Wien. Ganz euphorisch sagt Stelzhamer sofort zu. Wieder Geschenk des Himmels. Ein vorläufiger Vertrag wird aufgesetzt und der Dichter bekommt sogleich eine ansehnliche Anzahlung.
Das Datum des endgültigen Vertrages ist der 15. September 1836.
"Wir liefern Ihnen für vollendete Manuscripte ... 50 fl.C.M. (Gulden Conventional Münze, Anm.) nebst fünf Freiexemplaren zu Ihrem beliebigen Gebrauch. Würden fernere Auflagen nöthig und Sie hätten neuen Stoff, die Lieder zu bereichern, dann honorieren wir mit 20 fl. C.M. jeden neu hinzukommenden Bogen, mit der Hälfte aber nur diejenigen Gedichte, die bereits in Zeitschriften abgedruckt waren. Unter dem Titel "Lieder in obderenns'scher Volksmundart" bringt Peter Rohrmann im Jahre 1837 das Bändchen mit 184 Seiten heraus. Wichtig ist für den Verleger, mit der allgewaltigen Zensur keine Schwierigkeiten zu haben.

Ganz beglückt und erfüllt von echtem Dichterstolz nimmt Stelzhamer sein erstes "literarisches Kind' entgegen. Er muss es seinen Eltern vorlegen, um zu beweisen, dass sein Leben doch einen tieferen Sinn hat. Franz Stelzhamer wandert nach Groß-Piesenham zum "Siebengütl", wie sein Elternhaus genannt wird. Stolz legt er seinem von unaufhaltsamem Siechtum betroffenen Vater das Buch vor und bereitet ihm sichtlich noch eine seiner letzten Freuden. Das Buch selbst widmet er, wie auf der Dedikationsseite zu lesen ist, "Zerst máná gueten Muedá, aft mán Schulkamárad'n und iehnán Kindern".
Stelzhamers in hochdeutscher Sprache gehaltenen Gedichte sollten schon zeitlich vorher im Hamburger Verlag Hoffmann & Campe erscheinen. Widrige Umstände, wahrscheinlich der staatlichen Bücherzensur, veranlassen den Autor mit einem Brief vom 25. Oktober 1836
sein Manuskript wieder zu verlangen.
Diese herausragenden Gedichte erscheinen dann 1855 beim Klassikerverlag Cotta in Stuttgart, der auch das Werk Goethes betreut. Metternichs Zensur erstickt damals viele aufkeimende Talente in der Monarchie oder vertreibt sie außer Landes, wie etwa den Zeitgenossen Stelzhamers, den Znaimer Karl Anton Postl, der unter dem Pseudonym Charles Sealsfield zu Weltgeltung kommt. Der Absolutismus verträgt keine freie Literatur und Meinungsäußerung. Die willkürliche, heute unbegreifliche Haltung bekommt vorher schon der arme Michael Denis aus Schärding am Inn zu spüren. Ihm und vielen seiner Zeitgenossen wird ganz übel mitgespielt. Dabei hat Goethe sogar seine Dichtung gelobt. Heute singen wir nur mehr seine großartigen Texte von Kirchenliedern, ohne ihn zu beachten. Hätten die deutschen Fürstenhäuser der damaligen Zeit ähnlich gehandelt, so hätten wir einen Großteil der bedeutenden deutschen Dichtung nicht.

Franz Stelzhamers Leistung wurde bis heute nicht richtig erkannt. Schon damals, als er das Gymnasium in Salzburg besuchte, erkannten viele sein literarisches Talent. Mit Nachhilfestunden konnte er sein mageres Salär aufbessern. Lateinische und griechische Klassiker liebte er besonders. Stelzhamer war ein Musterstudent. Mit seinen Nacherzählungen und Stilübungen übertraf er alle. Die später von Kennern so bewunderte Metrik ging ihm von den alten Dichtern in Fleisch und Blut über. Hätte er mehr Ausdauer und Beständigkeit in seinem Leben gehabt, dann hätte er es sicher zu einem angesehenen Professor gebracht. So aber zeigt sein Lebenslauf viele Abbrüche von Studien.

Seiner Innviertler Heimat blieb er immer treu. Die Holzhäusln, die schönen Bräuche, die den Bayern verwandte Lebensart und die Gemütlichkeit prägen den Charakter dieses Landes, das erst 1779 zu Österreich kam. Das Grenzland zwischen Inn und Hausruck brachte schon immer hohe Kultur hervor.