Publikationen
Neuauflage von
Stelzhamer-Erstdrucken


Hans Helmut Stoiber

STELZHAMER – LAUT
STELZHAMER – SCHRIFT

     
Stelzhamers Leben MundArt des Monats Mundart-Datenbank
Links


Zurück


Beiträge,
Artikel

Neues,
Aktuelles

Stelzhamer
Werk-
verzeichnis

Artikel zu Franz StelzhamerBeiträge - Artikel:

Hans Dieter Mairinger: Neue Mundart

Wohl dem der einen Heimat hat
Beispiel für angewandte Umgangssprache

Joschi Anzinger: warum dialekt

Frauenpreis der SPÖ 2005
für Monika Krautgartner


Die Dialekte sterben nicht aus

Kons.Dir.Karlheinz Sandner: Artikel über Prof. Leopold Wandl

Bayer. Staatsministerin für Unterricht u. Kultus, Monika Hohlmeier: Über Pflege und Erhalt der in Bayern gesprochenen Mundarten (24.1.2001)"
"Dialekt keine Sprachform zweiter Klasse (25.1. 2001)"

SAO - Sprachatlas von Oberösterreich

Angewandte Umgangs-
sprache aus dem Internet
"Einstiegstest für Mediziner"


Hans Helmut Stoiber
STELZHAMER – LAUT
STELZHAMER – SCHRIFT
Versuch einer angemessenen Lautung für das Dialektwerk von Franz Stelzhamer


Einleitung
Schlussbemerkungen
Inhalt
Der Autor



EINLEITUNG

Mein Freund Herbert Dimmel, tiefsinniger Maler und eine Zeitlang Protagonist der Innviertler Künstlergilde, hat mir einmal gesagt: "Mundart ist Seelenmusik." Er hat mir damit gewiß nicht ein Programm geben wollen, doch bin ich auf diese Bemerkung immer wieder gewiesen worden, sooft ich mich mit der Mundart beschäftigte, mit der Innviertler Mundartdichtung, genauer: mit der von Franz Stelzhamer.

Seit meiner Kindheit habe ich dessen Gedichte gehört und gelesen und auswendig gelernt und rezitiert. Dabei wurde mir in steigendem Maß die geradezu quälende Diskrepanz bewußt zwischen der Lautung des gesprochenen Wortes einer- und der Schreibung, dem Versuch, das Dialektwort in die Schrift zu bannen, andererseits. Denn von Anfang der literarisch zu wertenden Dialektdichtung an bis heute herrscht auf diesem Feld eine Art sturen Traditionalismus vor, der durch nichts zu rechtfertigen ist – es sei denn, man wolle durch eine ganz und gar nicht lautgerechte Schreibung ein Schriftbild erzeugen, in dem der Lesende Anhaltspunkte im Hochdeutschen finden könnte.

Der Lesende! – Und daher falsch Sprechende, irregeleitet durch halbhochdeutsche Schriftbilder, die sich zum Dialekt so verhalten wie falsche Noten, von denen ein Musikant richtig spielen solle.

Überdeutlich wird dies vor allem in Rundfunkankündigungen oder –zitaten und überhaupt öffentlichen Reden, in denen das Ablesen stelzhamerischer Texte durch im "Schriftdeutschen" Behauste zu argen Verballhornungen mundartlicher Aussagen führt. Aber auch die Eigen-Lektüre der "traditionell" geschriebenen Mundart fügte mir immer wieder echte Schmerzen zu, so etwa beim grandiosen Epos "Der bairische Odysseus" von Gottfried Glechner, der sich immer wieder an die alte Dialektschreibe anschließt, sodaß man seinen Text erst "mit Gewalt" in die zutreffende lautliche Vorstellung übersetzen muß, anstatt ihn frontal und ohne Mühe inhalieren zu können.

Es sollte also, so sagte mir ein drängendes Bedürfnis, zur Behebung dieser schrecklichen Diskrepanz etwas geschehen, - und zwar durch das Angebot einer lautrichtigen Niederlegung der Dialektdichtung in schriftlicher und (zum Unterschied vom besprochenen Magnetofonband) jederzeit greifbarer Form mit ebenfalls jederzeit greif-(d.i. druck)baren Buchstaben a la H.C. Artmann mit wenigstmöglichen zusätzlichen Aussprachezeichen.

Freilich – ein Lesevergnügen wird durch die neue "Schreibung" – das Wort ist unzutreffend und wird ab jetzt durch "Notierung" ersetzt – nicht angeboten. Denn nur bei relativ seltenen Gelegenheiten fallen herkömmliche Schreibung und zutreffende Notierung zusammen. Das hat nun eben der Dialekt so an sich: Er ist Musik in Worten (und, wie ich Dimmels tiefes Wort von der "Seele" konkretisieren möchte, - im Gemüt).

Nun ist Musikausübung wohl auch etwas, was die an ihr Interessierten erst lernen müssen, -- und das bringt naturgemäß eine gewisse Schwierigkeit gegenüber der "leichten", wenngleich falschen Leserei des bisherigen Schriftbildes: Wer sich auf das Abenteuer einer erfolgreichen Wiedergabe stelzhamerischer Mundart für sich oder – als Rezitation – für andere einlassen will, der muß den Eingang hiezu vorerst durch ein Studium versuchen, das für den Lesekundigen bei schriftdeutschen Texten nicht nötig ist, und damit durch eine wahre, von der Liebe zur Sache getragene Bemühung, die beinahe jener gleich ist, welche bei der Übertragung herkömmlicher Schriftbilder in eine angemessene Lautung gefordert wird: In beiden Fällen müssen der Dialekt und seine Akzeptanz ernst genommen werden!

Noch eins: Musik ist Ton – damit ist die Forderung selbstverständlich, daß der Text, so wie er – nun – notiert ist, zeichengetreu zum Klingen gebracht, also von Anfang an laut gesprochen werden muß.

Als unabdingbar sollte erkannt ferner werden, daß die, hart gesagt, "Konservierung" der Dialektlautung auf schriftlichem Wege erfolgt. Der Einwand, sie könne auch – wie schon kurz angedeutet – mit den Mitteln elektronischer Tonträger erfolgen, verfängt nur zum kleinsten Teil, wenn bedacht wird, daß einerseits die Erlangbarkeit der Tonträger in der Regel kompliziert und die Gelegenheit zu deren "Abspielung" auch in einer an derlei Praktiken gewöhnten Gesellschaft schwerlich für jedermann zugänglich ist. Das Wesentliche am Zugang und am Bestand von Literatur ist doch gewiß der jederzeit (hier dem Privatmann, nicht nur dem Sprachwissenschafter) mögliche Zugriff auf geschriebenes Material.

Und schießlich hat die Dokumentation in schriftlicher Form auch eine historische Funktion: Gewahren wir doch gerade im Mundartbereich des stelzhamerischen Werks seit längerem eine drastische Verflachung und teilweise ein geradezu tragisches Absterben typischer Wort- und Ausdrucksformen: Dieser Entwicklung die jederzeit greifbare Notierung entgegenzusetzen halte ich für eine wichtige Herausforderung unserer Zeit an jene, die das noch können.

Da erhebt sich nun die Frage, wer das (noch) kann.

Dieses diffizile Problem ist a priori nicht mit den Mitteln der Sprachwissenschaft, sondern nur individuell zu lösen, will sagen, daß ein Übertrager aus den handelsüblichen, noch kurz zu erwähnenden Stelzhamer-Ausgaben seine Aussprache notieren und dann der Kritik, vielleicht auch dem Begehren nach Änderung durch – vielleicht regional bedingt – anders gelöste Lautungen aussetzen wird.

Bevor nun der Vorschlag einer Methode für die mir als zutreffend erscheinende schriftliche Notierung unterbreitet wird, sollen – eher ungern, weil polemisch wirkend – zwei kritische Anmerkungen zur bisherigen und noch immer geübten Schreibweise der "oberösterreichischen Mundart" gegeben werden: Zuvor und über allem natürlich, daß die "Rede" des Dialekts in eine "Schreibe" verwandelt wird, in schriftdeutscher Wiedergabe des Werks mit nur mäßiger Abwandlung im Bedürfnis, die simple "hochdeutsche" Bedeutung aus dem Schriftbild hervorlugen zu lassen, ohne Berücksichtigung des wahren Klangs. – Unter den zahlreichen zu bemängelnden Details hingegen ist es zunächst die, man kann nur sagen unsinnige Verwendung des Umlauts ö für beinahe alle Tönungen des Selbstlautes e, obwohl dieser die Lautung zutreffend wiedergibt: Kein Mensch wird (außer vielleicht mit einer historischen Erklärung) begründen können, warum das Eigenschaftswort "fest" (firmus, -a, -um) als "föst" geschrieben wird und das Hauptwort "Leben" (vita) mit "Löbn".

Ähnlich verhält es sich mit der Behandlung des Selbstlautes a. Es beruht einfach auf einem Mißverständnis, derzeit noch das helle a als Besonderheit mit einem Akzent zu versehen, - freilich (auch in der aus mehreren Gründen antiquierten Schreibweise von Stelzhamer selbst) historisch begründet: Dieser Usus stammt aus der Zeit nach dem Anschluß des Innviertels an Österreich (1779), also auch aus der Wirkungszeit von Stelzhamer. Allerdings hatten gleichzeitig Bemühungen der österreichischen (vor allem Schul-)Behörden eingesetzt, das "tiefe" oder wenn man will "dumpfe" a der Altbaiern durch das in ganz Österreich vorherrschende helle a zu ersetzen – was schließlich auch gelang. – Nun, für Stelzhamer und seine Zeitgenossen war es noch nötig, dieses helle a von diesem dunklen abzuheben, eben durch einen accent aigu (die weiteren Einflüsse des Französischen auf die stelzhamerische Dialektschreibung sollen hier als längst obsolet außer Betracht bleiben) auf jenem.

Zur Ablehnung dieser Übung als veraltet tritt noch ein weiterer Grund: Er liegt in der Wandlungsfähigkeit des sagen wir "nicht hellen" a (während das helle a für sich ganz starr ist). Die sich hieraus ergebenden Möglichkeiten der Intonation werden im Folgenden an praktischen Beispielen vorgestellt.

Die nachfolgende Wiedergabe der originalen Texte erfolgt streng fonetisch; ihre Memorierung zu Vortragszwecken wurde Buchstabe für Buchstabe (besser: Laut für Laut) nach dieser Methode vorbereitet, – anders erscheint der Gedächtniszusammenhalt nicht zu wahren. Der Nachvollziehende möge sie, die Notierung, buchstabengetreu nicht lesend, sondern sprechend umsetzen: nur dadurch ist zu hoffen, daß ihm die Musik in Stelzhamers Dialekt – in Rhythmus und Wortharmonie – aufgeht.

Die Auswahl der Texte, von denen hier aus Platzgründen naturgemäß nur ein kleiner, zuweilen sogar verstümmelter Teil wiedergegeben werden kann, richtete sich nach dem eben dargelegten Gesichtspunkt und mit der Hoffnung auf ein angemessenes Erklingen. Die aufmerksame Kenntnisnahme des in den folgenden Beispielen erläuterten Wortschatzes und seine liebevoll-bemühte Anwendung im Sprechgesang könnte dann zu weiterem Zugriff auf das Werk von Stelzhamer (zumindest in den hier gebotenen Teilen) und schließlich zum Erfolg einer richtigen Lautung (bzw. Notierung) seiner Mundart führen.

Wer sich ernsthaft mit dem Dialektwerk von Franz Stelzhamer befasst und wer von der Lautung desselben eine einigermaßen klare Vorstellung hat, dem sei empfohlen, gelegentlich eine Übertragung aus einer der traditionellen Ausgaben (v.a. der unschätzbaren "aus da hoamad") zu versuchen.

Wer sich mit der Dichtung mehr rezeptiv befasst, der möge in bereits übertragenen Gedichten (wie zum Beispiel in "himmä und höj") die sprachliche Wiedergabe in genauer Befolgung der voranstehenden Lautungsregeln und laut sprechend zu (vorerst seinem eigenen) Gehör bringen und sich darin üben. Es dürfte ihm dabei aufgehen, daß diese Dichtung ihrem Laut nach "Musik" ist, ihrem Gehalt nach "Seele".

nach oben



SCHLUSSBEMERKUNG
Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen ueber die Intonierung der Dialektgedichte Stelzhamers enthält der Abschnitt "Systematische Darstellung" das System, nach dem die Gedichte trans-skribiert werden. Anhand des Gedichtes "himmä und höj" wird es in der Praxis erprobt und mit weiteren Kommentaren zu Aussprache und Wortschatz ergänzt. Dann folgen die weiteren Gedichte dieser kleinen Auswahl, in denen die Intonierungszeichen ohne weiteren Anmerkungen angewendet werden.

Es empfiehlt sich also, zuerst die "Einleitung", dann die "Systematische Darstellung" und anschließend "himmä und höj" zu lesen, um sich auf diese Weise das Rüstzeug für die übrigen Trans-Skriptionen anzueignen.

nach oben


INHALT

PDF

mp3

Systematische Darstellung

Systematische Darstellung

himmä und höj (mit Erläuterungen) *

himmä und höj

himmä und höj 1,1 Mb

kinigin näod *

Briefe an C. A. Kaltenbrunner

kinigin näod 1,5 Mb

da blieradä keaschbam

da blieradä keaschbam

da blieradä keaschbam 587 Kb

dä vie leemszaidn

dä vie leemszaidn

dä vie leemszaidn 2,2 Mb

sschwarä heazzn

sschwarä heazzn

sschwarä heazzn 2,8 Mb

bauansdojz

bauansdojz

bauansdojz 295 Kb

per pedes apostulorum

Stelzhamers erster Verleger

per pedes apostulorum 1,3 Mb

s hoamadxang

s hoamadxang 682 Kb

o so schee is dä wäjd

o so schee is dä wäjd 296 Kb

* Copyright StifterHaus Linz

nach obenDr. Hans Helmut Stoiber



DER AUTOR


Dr. Hans Helmut Stoiber, Innviertler des Jahrgangs 1918, ist einer der intimsten Kenner und wichtigsten Rezitatoren von Stelzhamers Mundartgedichten. Er absolvierte das Stiftsgymnasium Kremsmünster und studierte Rechtswissenschaften. Anschließend war er Jahrzehnte lang als Anwalt und als Richter tätig. Neben diesem Brotberuf betätigte er sich als als Biologe und Botaniker im Umwelt- und Naturschutz, engagierte sich für Nationalparke und veröffentliche Lyrik, Puppen- und Laienspiele sowie Pflanzen- und Wanderführer. Hans Helmut Stoiber gewann bei den Olympischen Spielen 1936 die Bronzemedaille für Lyrik.

nach oben